Eines der besten Dinge meiner Jugend war das GEO-Abo, zu dem sich meine Mutter von mir irgendwann überreden hat lassen. Natürlich habe ich es weniger gelesen als durchgeblättert und angeschaut. In jeder Ausgabe war aber etwas, das spannend und faszinierend war.
Der Weltraum, die unendlichen Weiten, gehört zu den faszinierendsten Sachen für ein Kind der 80er: mit seinen regelmäßigen Shuttle-Starts oder dem Star Wars-Programm der Reagan-Präsidentschaft war ständig etwas zum Thema zu lesen. Die Kolonisierung des Alls, besonders des Mars, gehörte auch dazu. Neu war das nicht mehr: die NASA begann in den 70ern, Ideen zum “Space Settlement” zu skizzieren, aber das Projekt Biosphere2 war anders: Keine Zeichnungen, sondern in der Wüste von Arizona gebaut, und mit echten Menschen, die darin leben sollten. Im Geo hab ich die Entwicklung des Projekts begeistert mitverfolgt.
Das Gebäude selbst ist ein riesiges Glashaus, in dem verschiedene Ökosysteme der Erde nachmodelliert wurden. Es gibt einen Regenwald, ein kleines Meer mit Korallenriff, Mangroven-Wälder, Steppe, und Wüste. Das Gebäude sollte komplett autark funktionieren: Zur Versorgung der BewohnerInnen wurde eine Landwirtschaft angeschlossen, die notwendige Produktion von Energie und Wärme gewährleistet sowie darauf Wert gelegt, dass sich die Ökosysteme selbst erhalten konnten. Wärme und Kälte wurde ausschließlich passiv-solar produziert, während für die Stromproduktion auf Biogas zurückgegriffen wurde.
Pessimisten sagen, dass sie das gleich hätten lassen können: sowas kann ja nicht funkionieren. Wie die Geschichte zeigt, hat es das auch nicht. Vor allem aber, da bei weitem nicht alle Variablen bekannt waren, um eine vollständige Autarkie gewährleisten zu können. In der Erforschung dieser Variablen und der Erforschung von Ökosystemen hat das Projekt ganze Arbeit geleistet.
Während der zwei Jahre, die die 8 Personen innerhalb der Biosphere2 verbracht haben, haben sich folgende Probleme gezeigt:
- Der Sauerstoff-Anteil in der Luft sank allmählich ab und konnte nicht wieder regeneriert werden. Das geschah auch, weil der verbaute Stahlbeton schleichend Sauerstoff absorbierte und dieser durch die Glaskuppel schneller diffundierte als CO2.
- Mikroben im Ackerboden erhöhten ebenfalls die Anteile von Stickstoff und CO2 in der Luft. Beides führte dazu, dass gegen Ende zwei Mal von Außen Sauerstoff in das Gebäude gepumpt wurde.
- Schlechter als vorhergesagtes Wetter ließ die Ernten im Ackerbau schrumpfen, so dass die EinwohnerInnen ein Jahr lang ständig mit dem Hunger zu kämpfen hatten. Aufgrund des hohen Nährwerts der produzierten Pflanzen waren alle BewohnerInnen über die ganze Versuchsdauer bei bester Gesundheit.
- Kakerlaken und Ameisen breiteten sich schnell aus, ohne wirksam bekämpft werden zu können.
Von den menschlichen Problemen ganz zu schweigen.
Trotz des Scheiterns war und ist das Projekt etwas einzigartiges, vor allem in seiner Größenordnung. Während in der Sowjetunion schon zuvor ein ähnliches Projekt in Angriff genommen wurde, BIOS–3, hatte das Gebäude ein Volumen von 315m3. Biosphere2 umschließt im Vergleich dazu 204.000m3.
Nach dem Ablauf der ersten Mission gab es noch eine zweite, die nur ein halbes Jahr dauerte. Danach wurde der Komplex von der Columbia University fast 10 Jahre lang betreut, bevor es die University of Arizona übernahm, die nun auch im Besitz des Geländes ist.
Ein kurzes Video mit Interviews von zwei jener 8 Personen gibt es hier.